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Fastenzeit: Jom Kippur

Warum sind die wichtigsten Feiertage in vielen Religionen mit einer Fastenzeit verbunden?

Juden fasten am Jom Kippur, Christen vor Ostern, Muslime während des Ramadans, Mitglieder der orthodoxen Kirchen sogar mehrmals im Jahr. In dieser Zeit sind Gläubige angehalten, auf Essen und Trinken zu verzichten, um sich voll und ganz auf das Gebet und die Selbstreflexion konzentrieren zu können – ohne jede weltliche Ablenkung.

Da der Körper durch diesen Verzicht zur Ruhe kommt, erleichtert das Fasten den Zugang zur inneren Welt. Nahrungsaufnahme und -verarbeitung ­–, der Transport von Nährstoffen, die Produktion von Verdauungssäften und die Bewegungen von Magen und Darm – werden zurückgefahren und bestimmen nicht mehr den Tagesrhythmus. Die Nahrung für die Körperzellen kommt „von innen“, aus dem Fettgewebe.

Man sollte das Umschalten des Körpers auf den Fastenstoffwechsel vertrauensvoll geschehen lassen. Befreit von täglichen Aktivitäten, kann sich der Mensch in seine spirituelle Dimension vertiefen. Die Sinne sind geschärft. Der Geist ist präsent im Hier und Jetzt. Das Fasten setzt einen Prozess der tiefen Reinigung in Gang. So wie alte, geschädigte Zellen auf der physischen Ebene eliminiert und ihre Bestandteile recycelt werden, kann eine Reinigung auf spiritueller Ebene durch eine Bestandsaufnahme der eigenen Existenz und durch die Rückkehr zum Wesentlichen erfolgen.

Jom Kippur: Am wichtigsten jüdischen Feiertag wird gefastet

Der Jom Kippur, der wichtigste Feiertag im jüdischen Glauben. Dieser Tag, der auch als „Tag der Versöhnung“ oder „Tag der Umkehr“ bezeichnet wird, bildet den Höhepunkt der „zehn Tage der Ehrfurcht“, einer Zeit der Selbstbesinnung und Reue, die auf Rosch ha-Schana, das jüdische Neujahr, folgt.

In 2024 findet der Jom Kippur vom Freitag, den 11. Oktober, bis Samstag, den 12. Oktober statt.

Der Tradition zufolge wird das Schicksal eines jeden Menschen für das kommende Jahr am Jom Kippur in das „Buch des Lebens“ geschrieben. Daher werden die Gläubigen während dieser Zeit ermutigt, ihre Taten aus dem vorausgegangenen Jahr zu reflektieren, Wiedergutmachung zu leisten und Gott sowie ihre Mitmenschen um Vergebung für ihre Sünden zu bitten.

Am Vorabend wird das Kol Nidre gebetet, ein sehr emotionales Gebet, in dem die Gemeinschaft um Annullierung aller unerfüllten Gelübde des vergangenen Jahres bittet. Es wird oft mit einer besonderen Melodie in der Synagoge rezitiert.

Anlässlich Jom Kippur fasten Jüdinnen und Juden 25 Stunden lang, vom Sonnenuntergang des Vorabends bis zum Sternenaufgang am eigentlichen Feiertag.

Wie kann man sich auf Jom Kippur vorbereiten?

Unsere Fastenärztin Frau Dr. Françoise Wilhelmi de Toledo empfiehlt, drei Tage vor Jom Kippur auf Kaffee, Fleisch, Süßigkeiten und Alkohol zu verzichten. Salz sollte weitgehend reduziert werden, damit kein Durst entsteht. Statt einer üppigen „Henkersmahlzeit“ sollte man am Vortag lieber ein einfaches Gericht zu sich nehmen, z.B. eine Gemüsesuppe oder einen Gemüseteller. Auch das Fastenbrechen sollte schonend erfolgen, z.B. mit einer Kartoffel-Gemüse-Suppe. Zwar hat der Körper beim Fasten auf Fettverbrennung umgeschaltet, doch seine Reserven reichen auch bei Normalgewicht für mehrere Wochen. Es gibt daher keinen Grund, Schäden zu befürchten.

„Während des Fastens geht es dem Körper gut,

aber die Seele muss genährt werden.“


Dr. Otto Buchinger

In Israel wird Jom Kippur sehr ernst genommen. Radio- und Fernsehsender unterbrechen ihre Programme, und kein öffentliches Verkehrsmittel fährt. In den Straßen ist es leise, da fast niemand unterwegs ist. Viele Jüdinnen und Juden, auch diejenigen, die nicht besonders religiös sind, fasten und verbringen den Tag in Selbstreflexion.

Jom Kippur ist mehr als nur ein religiöses Ritual; es ist eine tiefe spirituelle Erfahrung. Jom Kippur erinnert die Menschen daran, dass, obwohl sie unvollkommen sind, Veränderungen und Wachstum möglich sind. Es ist ein Tag, der die unzerstörbare Beziehung zwischen den Menschen und Gott feiert und die Hoffnung darauf, dass ein besseres Jahr kommen möge, bekräftigt.