DER NEUESTE ÜBERSICHTSARTIKEL ÜBER FASTEN, DAS DARMMIKROBIOM & DIE DARMMORPHOLOGIE
Welche Auswirkungen hat das Fasten auf das Ökosystem des Darms?
Relevanz der Überprüfung
Überlingen, 06.04.2023 – Um dieses Thema zu erforschen, haben Forscherteams der Klinik Buchinger Wilhelmi (Überlingen, Deutschland), des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (Heidelberg, Deutschland) und des CNRS-pluridisziplinären Instituts Hubert Curien (Straßburg, Frankreich) koordiniert von Dr. Robin Mesnage am 06.04.2023 in Trends in Microbiology eine Übersichtsarbeit über die Auswirkungen von Fasten und Ernährungsstrategien mit dem Titel “Remodeling of the intestinal ecosystem during caloric restriction and fasting” (Umgestaltung des intestinalen Ökosystems während der Kalorienrestriktion und des Fastens) veröffentlicht. Zum ersten Mal fasst eine Übersichtsarbeit in einer führenden Fachzeitschrift zusammen, was über die Auswirkungen von Langzeitfasten auf das Darmmikrobiom sowie die morphologischen Veränderungen des Darmgewebes bekannt ist.
Diese Übersicht beleuchtet die Mechanismen, die den seit Jahrzehnten in den Buchinger Wilhelmi-Fastenkliniken beobachteten positiven Wirkungen des Langzeitfastens zugrunde liegen.
Die Rolle des Darmmikrobioms
Die Ansammlung von Mikroorganismen, die den menschlichen Darm bewohnen, das so genannte Darmmikrobiom, spielt eine wichtige Rolle bei der Verdauung, der Immunität, dem emotionalen Wohlbefinden und der allgemeinen Gesundheit. Die Nahrung, die wir zu uns nehmen, hat einen großen Einfluss auf die Darmmikroorganismen, wie Tausende von wissenschaftlichen Veröffentlichungen gezeigt haben. Eine ausgewogene Ernährung, die reich an Ballaststoffen und arm an industriell verarbeiteten Nahrungsmitteln ist, fördert ein gesundes Mikrobiom. Wir benötigen jedoch mehr Wissen über die Auswirkungen des Verzichts auf Nahrungsaufnahme und -verdauung während einer Fastenperiode.
Einige der wichtigsten Erkenntnisse
- Während des Fastens vermehren sich die Bakterien, die auf schleimhaltigen Darmsekreten oder abgeschilferten Zellen überleben können, auf Kosten derer, die auf Nährstoffe aus unserer Nahrung angewiesen sind.
- Studien am Menschen haben sich auf Stuhlproben konzentriert und dabei den Umbau des Darmgewebes vernachlässigt.
- Der tiefgreifende Umbau des Darms während des Fastens, der zu einer Erneuerung der Schleimhaut und einer Verringerung des Entzündungszustandes führt, ist der Schlüssel zur Wiederherstellung eines gesunden Darmmikrobioms, wenn nach dem Fasten wieder Nahrung zugeführt wird.
- Es ist noch unklar, welcher Zusammenhang zwischen den Veränderungen im Darmmikrobiom und den positiven Wirkungen des Fastens besteht.
- Die Veränderungen im Darmmikrobiom, die durch das Fasten beim Menschen hervorgerufen werden, können mit denen von freilebenden Tieren verglichen werden.
Weitere Forschung ist erforderlich
Es gibt noch entscheidende Wissenslücken bezüglich des Wiederaufbaus des Mikrobioms und der Darmschleimhautwände nach unterschiedlichen Mustern der Nahrungswiedereinführung sowie der Rolle der Gesamtkalorienmenge und bestimmten Makronährstoffen bei diesem Prozess.
Diese Überprüfung führte auch zur Identifizierung vielversprechender Richtungen für die künftige Forschung der Kliniken Buchinger Wilhelmi.
Fasten hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Regeneration des Darms
Indem sich viele Wissenschaftler auf die im Darm lebenden Mikroorganismen konzentrieren, berücksichtigen sie oft nicht die Möglichkeit einer vorübergehenden Atrophie, gefolgt von einer intensiven Regeneration des Darmgewebes. Dieser Effekt könnte im Falle eines geschädigten Darms wichtige therapeutische Auswirkungen haben. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind die fasteninduzierte Aktivierung der Autophagie und der Apoptose, um alte Zellstrukturen zu beseitigen oder zu recyceln, und die Aktivierung der Stammzellteilung, die zu einer globalen Verjüngung führt. Dieses entzündungshemmende Ökosystem begünstigt die Wiederbesiedlung durch gesundheitsfördernde Bakterien bei Wiedereinführung der Nahrung.
Video zum Thema “Fasten & Darmgesundheit”
Fazit
Unser Darmmikrobiom ist wie ein Garten. Wenn man schöne Blumen (gesundheitsfördernde Bakterien) in einen Garten pflanzen will, dessen Boden beschädigt und von Unkraut überwuchert ist, reicht es nicht aus, einfach Samen zu säen. Der Boden muss vorbereitet und fruchtbar gemacht werden, damit ein vielfältiges und gesundes Ökosystem wiederhergestellt werden kann.
Obwohl diese Übersicht nur an der Oberfläche des Themas gekratzt hat, ist eines klar: Die Überstimulation unseres Verdauungssystems in unserer Gesellschaft, die einen chronischen Mangel an Fastenperioden aufweist, hat weitreichende Auswirkungen. Das therapeutische Langzeitfasten bietet eine sichere, nicht-pharmakologische Lösung, um das Selbstheilungspotenzial unseres Verdauungssystems zu nutzen und kann unseren mikrobiellen Begleitern ein gesundes Ökosystem zurückgeben.
Autoren
Quinten R. Ducarmon, Franziska Grundler, Yvon Le Maho, Françoise Wilhelmi de Toledo, Georg Zeller, Caroline Habold, Robin Mesnage
Ansprechpartner
Dr. Robin Mesnage
robin.mesnage@buchinger-wilhelmi.com